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Montag, 30. Oktober 2023

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Kurz-Review: „Der Palast“, ZDF 2022

Mittwoch, 05. Januar 2022

Erst einmal allen, die das lesen, ein gutes, gesundes, glückliches neues Jahr!

Mit diesem kurzen Artikel möchte ich beginnen (nachdem ich dies früher irgendwo in den verwirrenden Tiefen meines Content-Management-Systems und auch nur seltenst tat), auch hier im Blog, „ganz vorne“, hin und wieder kurze Kritiken zu Medien aller Art, sei es Musik, Filme, Serien, Videos auf den diversen Plattformen, zu posten.

Den Anfang macht, weil aktuell geschaut und noch präsent, die ZDF-Produktion „Der Palast“, die die Geschichte des Berliner Friedrichstadt-Palastes, eingebettet in eine fiktionale Geschichte, erzählen soll. Lief im ZDF Anfang Januar 2022 als Dreiteiler, in der Mediathek ist das Machwerk in Form von sechs jeweils halb so langen Folgen abrufbar.

Ich schreibe hier keine vollständige Kritik, das haben schon andere sehr treffend getan, ich will nur ein paar Aspekte zur Sprache bringen, die mich persönlich ganz besonders gestört haben (die Liste an positiven Dingen ist leider tatsächlich kurz; mir fällt spontan kein Moment ein, an dem ich mich sonderlich gut unterhalten, überrascht, gespannt etc. gefühlt habe – einziger positiver Aspekt ist eigentlich die wirklich gute schauspielerische Leistung von Svenja Jung in ihrer Zwillingsrolle).

Also mache ich es kurz und schmerzlos: Die Produktion war in meinen Augen leider ziemlich erbärmlich, sowohl von Drehbuch und Handlung als auch von der Inszenierung und der Regie her. Nicht nur, dass weder Musik, Kostüme noch Choreografie auch nur im entferntesten an die späten 80er-Jahre erinnerten, es fuhren auch noch Autos herum, die erst ab 1994 gebaut wurden (z.B. ein viel zu neues Audi-Modell A4, intern 8D, als Taxi – sowas ist einfach so leicht vermeidbar, das ist der Job eines Requisiteurs, sowas zu checken); diverse gezeigte IKEA-Möbel gab es auch in Westdeutschland zu dieser Zeit noch nicht; die in einer Szene zu sehende Microsoft-Word-Version gab es ebenfalls erst ab 1991 (eindeutig Word 5.x, erkennbar an der Menüleiste oben und dem blauen Hintergrund; die 1989 aktuelle Version 4.x hatte das Menü noch unten), ganz abgesehen davon, dass der gezeigte PC-Monitor ausgeschaltet war (Power-LED war aus) und der Bildschirminhalt nur „reingeshopt“ wurde – da hätte man wenigstens auch die LED noch grün machen können…

Vom ZDF war man, wenn man z.B. die Ku’damm-Filme kennt, in Sachen „Historien-Doku-Dramedy“ oder wie auch immer man das nennen mag, doch sehr, sehr viel Besseres gewohnt.

Insgesamt meiner Ansicht nach eine ziemlich dahingehunzte Produktion. Man hat den Eindruck, das ZDF wollte einfach „nochmal sowas wie Adlon/KaDeWe“ machen, was quotentechnisch ja offensichtlich irgendwie funktioniert hatte.

Von dem Aspekt, dass die DDR-Geschichte hier vollkommen unzulässig verkürzt und in keinster Weise aufarbeitend dargestellt, sondern lediglich als Vehikel genutzt wurde und keine ernsthafte Beschäftigung seitens der Schaffenden mit dem politischen und gesellschaftlichen Geist der damaligen Zeit erkennbar ist, mal ganz abgesehen.

Schade!

Die ARD schaltet den DVB-S-Hörfunktransponder ab …

Freitag, 10. Dezember 2021

„Der einzige Fortschritt, den wir noch erreichen können, ist die Erkenntnis, dass wahrer Fortschritt nur in der Abkehr vom Zwang des ewigen Fortschritts liegen kann.“

… und dafür auf zwei „neuen“ DVB-S2-Transponder ihre Radioprogramme im AAC-LC-Codec auf. So weit, so technisch. Und so alt die Nachricht: bekannt ist das mittlerweile schon seit fast einem Jahr, der Probebetrieb der AAC-Sender läuft bereits seit Juni 2021 mehr oder weniger holprig. Nun wird es bald so weit sein: ab dem 14.12.2021 soll auf dem alten Transponder nur noch eine Hinweisschleife zu hören sein, Ende 2021 ist dann komplett Schluss mit Transponder 93.

Ich hab da so ein paar ganz persönliche Gedanken dazu, die ich an dieser Stelle gerne mit euch teilen mag. Hörfunk ist tatsächlich an sich nicht mein Metier, auch beruflich nicht, trotz der Tatsache, dass ich im Broadcast-Bereich tätig bin. So glaube ich, zumindest halbwegs einen Blick „von außen“ darauf zu haben, wenn ich sage, dass ich mit der Entscheidung der ARD doch arge Bauchschmerzen habe.

Grundsätzlich ist gegen den Umstieg auf neue Technik nichts einzuwenden, zumal wenn dadurch (wie es ja heißt) Kosten gespart werden können und eine technische „Zukunftssicherheit“ gewährleistet werden kann. Auf der anderen Seite bin ich ja auch ein ganz großer Fan der Sichtweise, bewährte Verfahren und Techniken nicht ohne Not abzuschalten oder ersetzen zu müssen, wenn diese ihren Zweck tadellos erfüllen. Ja, das Zitat zu Beginn dieses Posts stammt von mir selbst und zwar aus einem Blogbeitrag vom 24. März 2009.

Und genau in diesem Spagat findet sich wohl die ARD bei dieser Aktion wieder. Der alte Transponder war maximal kompatibel: Er war einer der letzten DVB-S-Transponder (nicht DVB-S2) – also auch mit wirklich altem Gerät, wie es zum Beispiel in alten, abbezahlten Kopfstellen von Gemeinschaftsantennenbetreibern seinen Dienst tut, oder auch Ommas altem SD-Satellitenreceiver, problemlos empfangbar. Der Codec war der für alle DVB-Geräte verpflichtend zu unterstützende, millionenfach implementierte und längst patent- und lizenzfrei dekodierbare „MPEG-1 Audio Layer II“-Codec.

Und da muss man jetzt einfach der Wahrheit ins Auge blicken, dass das neue Angebot auf den beiden neuen Transpondern im AAC-Codec nach wie vor mit vielen (selbst neueren) Receivern nicht oder nur in eingeschränkter Qualität nutzbar ist. Selbst wenn die ARD auf dieser Seite und in diversen Social-Media-Posts das Gegenteil behauptet und davon spricht, dass die meisten Geräte sich „schnell und einfach“ updaten ließen.

So klagen einige Hörer selbst bei eigentlich AAC-tauglichen Geräten über gelegentliche Aussetzer, Knackser und ähnliche Phänomene (Stand: November 2021); manche – selbst hochpreisige – Geräte, die noch im Laufe des Jahres 2021 verkauft wurden, sind vollständig inkompatibel zu AAC und lassen sich in einigen Fällen auch nicht updaten. Betroffen sind neben Satelliten- auch Kabelreceiver, die von den entsprechenden Kabelbetreibern – vor allem jenen, die das analoge UKW-Signal in ihrem Netz mittlerweile abgeschaltet haben – noch bis vor wenigen Monaten als UKW-Nachfolgegeräte an ihre Kunden vertrieben wurden.

Grund: Der Audio-Codec AAC ist im DVB-Standard zwar vorgesehen, für Gerätehersteller aus diversen Gründen (u.a. Lizenzgebühren) aber immer schon nur optional gewesen. Sprich: selbst 2021 durften und dürfen z.B. Kabelradios, die lediglich MP2 beherrschen, nicht aber AAC, als „DVB-C“-konform verkauft werden. Solche Geräte werden aber künftig beim ARD-Hörfunk stumm bleiben.

Ein weiteres, eventuell unterschätztes Problem sind die vielen (auch kleineren) oben bereits erwähnten Kabelnetzbetreiber (und ich spreche hier explizit nicht von Vodafone, Unity & Co.!), die ihre DVB-Umsetzer jetzt erneuern müssen. Dabei handelt es sich oft um lokal organisierte Vereine, die aber ganze Wohnanlagen („Gemeinschaftsantennenanlagen“) mit DVB-C und oft auch noch einem UKW-Signal im Kabel versorgen. Den Austausch der dafür nötigen (leider ziemlich teuren) sogenannten Kopfstellentechnik gegen DVB-S2- und AAC-taugliche Komponenten können sich viele kleine Betreiber (Vereine etc.) oft nicht leisten. Über DVB-C und UKW bleibt der ARD-Hörfunk in solchen Anlagen also vielerorts künftig stumm.

Privatsender, die weiterhin in MPEG-1 Audio Layer II (MP2) ausstrahlen, sind davon nicht betroffen. Hoffentlich verliert die ARD mit der Aktion also nicht am Ende viele Hörer an die Konkurrenz.

Eine interessante Quelle mit weiteren Infos zu den möglichen Auswirkungen der Abschaltung ist diese Seite (inklusive Petition, die die ARD zur Beibehaltung des alten Transponders bewegen sollte, mit – Stand Dezember 2021 – nur 800 von geplanten 10.000 Unterstützern aber wohl ihr Ziel grandios verfehlt hat).

Tatsächlich ist auch die Qualität der AAC-Übertragung nicht immer ebenbürtig, seltenst besser als das bewährte MP2 bei den extrem hohen Bitraten des alten Transponders. Mehrkanalton in AC3, der ebenfalls nach wie vor den De-Facto-Standard darstellt, weil er von allen (AV-)Receivern dekodiert und wiedergegeben werden kann, wird es bis auf eine Ausnahme (NDR Kultur) auf den neuen Transpondern ebenfalls nicht mehr geben. Einige Anstalten wie der Hessische Rundfunk werden mit ihren Kulturwellen künftig die Ausstrahlung von Surround-Programmen vollständig beenden (auch wenn auf der zugehörigen Website von hr2-kultur noch weiter munter damit geworben wird). Einige (z.B. BR-KLASSIK) versuchen, den AAC-Mehrkanalton-Standard zur Anwendung zu bringen, der von einigen Endgeräten zwar unterstützt wird, von einigen aber auch nicht. Im besten Fall transcodiert der DVB-S2-Receiver diesen Ton in ein kompatibles AC3-5.1-Signal und gibt es an den AV-Receiver weiter. Im schlechtesten Fall hört man bei den Surround-Sendungen gar nichts oder nur Mono-Ton.

Mein persönliches Fazit aus der Sache: Ich weiß einfach nicht, ob die ARD sich mit der Aktion tatsächlich einen Gefallen tut. Ein ASTRA-Transponder kostet viel Geld, das ist klar, doch durch die eigentlich bereits viel länger überfällige Abschaltung der SD-Übertragung diverser dritter Fernsehprogramme und geschicktes Umsortieren hätten sich grundsätzlich mehr Transponder einsparen lassen, als der eine, hochkompatible DVB-S-Hörfunktransponder. Mal ganz davon abgesehen, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass SES ASTRA im Jahr 2021 noch in einer so guten Verhandlungsposition ist, dass die ARD nicht ohne Probleme den Preis signifikant hätte runterverhandeln können. Im Zeitalter des sterbenden Linear-TVs und auch der immer mehr aussterbenden SNG-Übertragungen werden die Satellitenbetreiber noch auf vielen freien Transponderkapazitäten sitzen bleiben, sodass jeder vernünftige Verhandler auf der anderen Seite eigentlich jeden von der ARD gebotenen Preis für den ollen Tp 93 nehmen dürfte statt einer Abschaltung.

Aber wie gesagt – das ist nur meine persönliche Meinung, da steck ich nicht drin. Ich werde dem Transponder 93 mit seinen exzellenten Audioqualitäten von bis zu 320 kbit/s MP2 jedenfalls definitiv die eine oder andere Träne nachweinen.

Seufz. Liebe ARD Mediathek, ich würde dich ja gerne gern haben, aber…

Freitag, 03. Dezember 2021

Lust auf einen Rant zu einem anderen Thema als Corona? You’re Welcome!

Screenshot aus der ARD Mediathek mit der Fehlermeldung "Die MediaCollection konnte nicht validiert werden".

Immer wieder ein Quell der Freude: Die ARD Mediathek.

Liebe ARD, genauer gesagt, liebes ARD Online in Mainz!

Ja, ihr habt mega viel Arbeit in die ARD Mediathek gesteckt in den letzten drei Jahren. Es hat sich vieles verbessert. Allein, dass es jetzt nicht mehr drei verschiedene Mediatheken gibt (Das Erste Mediathek, ARD Mediathek, die Dritten Programme – mit Ausnahme des BR, der ja irgendwie immer noch eine Extrawurst brät) ist löblich. Die Metadaten, die Verschlagwortung, die Suchfunktion, das Design und die Technologie dahinter werden langsam besser.

Aber all das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die ARD Mediathek leider immer noch abgrundtief schlecht und unzuverlässig ist! So! Jetzt ist es raus!

Lobt euch bitte nicht für ein Produkt, das zwar besser als ein nicht mehr tragbares Vorgängerprodukt aus den 2000ern ist, aber nach heutigen Maßstäben (YouTube, Netflix) einfach immer noch unfassbar lächerlich ist. Und einfach an so vielen Stellen kaputt, ohne jegliche erkennbare Besserung in den letzten Monaten! Besonders, wenn man sie intensiv nutzt oder dies zumindest beabsichtigt, fällt das an allen Ecken und Enden auf.

Sendungen wie Tatort oder auch Brennpunkt tauchen immer noch drei, vier, fünfmal auf (bei den Dritten und im Ersten, mit und ohne Gebärdensprache, Sendungen im „Ersten“ auch immer noch viel zu häufig zweimal – einmal als Sendemitschnitt vom Ersten, einmal ohne SAW-Logos direkt zugeliefert).

Die Qualität schwankt extrem, von Full HD (mehr ist scheinbar nicht vorgesehen) bis zu ruckelndem Klötzchenbrei.

Immer wieder bleibt die Navigation im Vollbildmodus sichtbar und blendet sich ums Verrecken nicht aus. Egal, wie wild man mit der Maus gestikuliert, den Vollbildmodus verlässt, wieder aktiviert (das ist dann bei mir so ein Punkt wo ich wegschalte).

Weiter: bei „Sendungen A-Z“ fehlt bei jedem dritten Laden die Hälfte der Sendungen unter einem bestimmten Buchstaben. Reload bringt nichts. Ups, das Sandmännchen bringt einen „404 Error“. Weiter gehts, probierst du halt das Video über einen anderen Weg zu finden. Ach, da. Hups, „Die MediaCollection konnte nicht validiert werden“ (WTF?!).

Videos sind erst „ab 01.10.2021, 20:15 verfügbar“, obwohl es längst Dezember ist. Am Fernseher via HbbTV sind wahllos Videos „leider nicht verfügbar“. Die Lautstärkeregelung mit den Systemtasten verhält sich unter Windows immer noch erratisch (einmal mit der Maus auf „Mute“ in der Mediathek geklickt, ist es unmöglich, mit der Windows-Mute-Taste auf der Tastatur wieder zu unmuten, denn die toggelt dann das Windows-Mute und das Mediatheks-Mute gegenläufig. Liebe Developer, hört her: Die Mediathek darf nicht auf diese Tasten reagieren, die sollen nur die Systemlautstärke steuern, schon zig mal gemeldet, was ist denn daran so schwer zu verstehen?!).

Die Navigation ist generell unübersichtlich, es ist nicht immer klar, in welchem View man sich befindet, und auch der „Zurück“-Pfeil links oben macht oft nicht das, was man erwartet. Wenn er überhaupt da ist.

Willkürlich wird bei einigen Sendungen ein Datum angezeigt, bei anderen nicht. Hier zum Beispiel nicht:

Screenshot aus der ARD Mediathek. Zu sehen eine Reihe von Thumbnails, alle nur beschriftet mit "tagesschau von 20:00 Uhr" etc., ohne Datum.

Auf der Suche nach einer tagesschau-Ausgabe von einem bestimmten Datum? Viel Spaß!

Eine sich über zwei Zeilen erstreckende Qualitätsauswahl (ich zitiere: „Automatische Qualität – Niedrige Qualität – Mittlere Qualität – Hohe Qualität – Sehr hohe Qualität – Full HD“ – euer Ernst? „Hohe Qualität – Sehr hohe Qualität – Full HD“? Wenn ihr so viele Qualitätsstufen habt, schreibt doch wenigstens einfach die Auflösung hin, wie bei YouTube, dann weiß man bescheid!) überfordert den Nutzer.

Bei Nutzung im Browser reißt der UX-Flow einfach immer irgendwo ab, weil die ganze Sache in einen Zustand gerät, wo einfach keine Thumbnails mehr laden, Sendungen fehlen, oder, oder. Da hat sich in den letzten 24 Monaten keinen Deut was gebessert!

It – is – a – mess!

Liebe Leute, ernsthaft! Es macht auch 2021 immer noch einfach keinen Spaß, Inhalte bei euch anzuschauen. Niemand von euren anvisierten „jungen Zielgruppen“ wird sich von euch von Instagram, YouTube & Co. freiwillig auf die ARD Mediathek „locken lassen“, so lange es da so, mit Verlaub, sch…recklich ist! Seht das mal ein und repariert in einem ersten Schritt einfach mal alles oben Genannte! Die meisten dieser Fehler sind seit Monaten bekannt!

Und ich wünschte, ich könnte was anderes sagen, denn ich bin ja auf eurer Seite.

So. Habe fertig. ;-)

(Bilder: Symbolbilder ARD Mediathek. Quelle: ardmediathek.de)

Nun endlich auch von mir was zu Corona und Gesellschaft, aber ohne Fragezeichen im Titel

Dienstag, 30. November 2021

„Die Tatsache, dass diese Impfgegner existieren, dass generell die Wissenschafts-Leugner und Schwurbler existieren, lässt sich nicht wegdiskutieren, vermutlich ist da auch niemand direkt schuld dran (naja, vielleicht generell das klassische deutsche oder westeuropäische „Bildungssystem“, das die Naturwissenschaften immer noch nicht als gleichwertige „humanistische Bildung“ zulässt wie die Kenntnis von Homer und Ovid; das System, in dem man sich beim Abendessen mit der befreundeten Familie oder auch der des Chefs eben gut und gerne trauen kann, zu sagen: „Also, wisst ihr was, meine Guten? Ich weiß bis heute nicht, wie so ein Elektromotor funktioniert, ha ha!“, sich aber niemand je die Blöße gäbe, ein „Also, wisst ihr was, ich hab noch nie was von Shakespeare gelesen und den Faust hab ich auch nie verstanden!“ in den Raum zu werfen, aber don’t get me started…!).“

Illustration CoronavirusWie im letzten Post angedeutet, fällt es mir immer schwerer, mich nicht (auch noch!) zum allgegenwärtigen Thema „Corona“ und vor allem „Was macht Corona mit unserer Gesellschaft“ zu äußern. Auch wenn ich wirklich lange versucht habe, mich dazu zurückzuhalten, denn in meiner Situation hatte und habe ich zum allgemeinen Lamentieren und Klagen wenig Recht und Grund, denn mir und uns geht es, verglichen mit anderen Menschen, die stark unter der Krise zu leiden hatten und haben, sehr, sehr gut. Und dafür bin und bleibe ich dankbar.

Außerdem ist es ja so, dass einem allgemein immer übelgenommen wird, wenn man sich in einer Weise äußert, die auch nur im Entferntesten an eine „Told you so“-Mentalität erinnert. Das mag auch recht so sein, denn „Told you so“-Rufer haben wir tatsächlich schon immer genug gehabt und dass man „hinterher immer schlauer“ ist, stimmt auch.

In der aktuellen Krise gibt es aber einen großen Unterschied: viele der Wissenschaftlerinnen und Forschenden, die schon relativ früh (also in der ersten Jahreshälfte 2020) vor der Pandemie gewarnt und mögliche Szenarien und vor allem Gefahren bei Missachtung ihrer Warnungen und gebotenen Maßnahmen relativ genau vorgezeichnet haben, wurden hinterher ebenfalls mit diesem Argument abgespeist: hinterher könne man ja immer sagen, man hätte es vorher schon genau gewusst. Das Problem ist hier: sie haben es ja vorher genau gewusst, und an vielen Stellen war dies auch nachprüfbar und belegbar.

Ändert aber nichts: in der Gesellschaft kommen die, die es „immer besser wissen“ selbst dann schlecht an, wenn sie es wirklich besser wissen und sogar vorher nachweislich besser wussten. Gerade in einer Welt von Fake News und „Wissenschafts-Zweiflern“, in der wir uns leider mehr und mehr befinden.

Ich bin weder Virologe noch Epidemiologe, Biologe, Mediziner oder sonstwie ausgewiesener Experte – aber gerade deswegen vertraue ich auf die Expertise der vorgenannten Gruppen. Schon sehr früh habe ich habe mich von ebenjenen immer ziemlich gut informiert und beraten gefühlt, auch wenn die Politiker immer wieder behaupten, ja von nichts gewusst zu haben und „schlecht beraten“ worden zu sein. Mich zu dem Thema öffentlich zu äußern, wie zum Beispiel hier, habe ich oft vermieden, um eben nicht als Unken- oder Cassandrarufer dazustehen oder als jemand der hinterher immer alles vorher besser gewusst haben will.

Aber trotzdem, auch auf die Gefahr hin, mir das sagen lassen zu müssen, möchte ich heute – und ich versuche, es kurz zu machen, auch wenn es schwer fällt – auf ein paar Punkte eingehen, bei denen ich das Gefühl habe, dass sie die Kern- und Ausgangspunkte der Probleme sind, vor denen wir heute stehen.

Zunächst ein paar Dinge, von denen ich glaube, dass sie von Anfang an von vielen falsch eingeschätzt und politisch falsch, schlecht oder doch zumindest unglücklich kommuniziert wurden:

„Ein paar Monate zusammenhalten, Zähne zusammenbeißen, und gemeinsam da durch…“

Es wurde sehr früh das Narrativ geprägt, dass diese Pandemie ein vorübergehender Zustand sei, ein paar Wochen, vielleicht Monate andauernd, und dass wir mit allen Kontaktbeschränkungen, Hygienemaßnahmen, Lockdowns usw. die Pandemie dauerhaft „hinter uns bringen“ würden.

Dass das nichts werden würde, war aus epidemiologischer und virologischer Sicht schon damals klar. Ein solches Virus verabschiedet sich nicht einfach und sagt „Tschö mit ö, ihr könnt die Masken wieder abnehmen und die Zettel auf euren Betriebstoiletten mit den Hinweisen, wie man sich richtig und lange genug die Hände wäscht, auch gleich mit. Braucht’s nicht mehr! Weiter wie früher! Adios!“

Im Gegenteil, es wird Varianten und Mutationen bilden und es wird vielleicht irgendwann auch nochmal ein ganz neues Virus kommen. Besser wär’s also, wenn wir die ganzen Abstands- und Hygieneregeln einfach mal nie wieder vergessen!

Allgemeine Lebensrisiken

Ein Thema, das ich bereits 2009 mal in diesem Beitrag gestreift habe: es gibt Dinge, vor denen schützen am besten der gesunde Menschenverstand und allgemeine Vernunft und Vorsicht. Trotzdem bleibt ein gewisses Restrisiko.

Genau zu diesen „Lebensrisiken“ gehört meiner Ansicht nach eben auch das Risiko, sich mit einer Krankheit anzustecken. Immer und überall. Wie gesagt: es ist ein Restrisiko, das man aber mit all den oben genannten Maßnahmen minimieren kann und muss.

Was ich momentan aber extrem gefährlich finde, sind Gedankengänge, nach denen eine bestimmte Person die „Schuld“ an der Ansteckung einer anderen Person oder Gruppe hat oder haben kann. Ich finde das recht problematisch, denn letztlich „schuld“ an einer Infektion ist ja schon noch das Virus, und für dessen Existenz kann wohl niemand etwas.

Obacht: Ja, ich weiß, genau dieses Narrativ wird auch von Corona-Leugnern und Impfgegnern und sonstigen sogenannten Querdenkern verwendet und daher füge ich nochmal ganz explizit hinzu, dass ich deren Interpretation und Folgerungen selbstverständlich nicht teile. Die folgern nämlich daraus, dass Impfungen nichts brächten, dass es zu einer Durchseuchung kommen müsse und nichts so gut hülfe, wie ein natürlich gestärktes Immunsystem.

Das ist natürlich ganz klar unverantwortlich und falsch! Schaut euch die Intensivstationen an, spätestens da wird deutlich, dass Nicht-Geimpfte selbstverständlich eine Verantwortung dafür tragen, dass das Virus sich weiter verbreitet und vor allem dafür, dass Intensivbetten belegt sind – auch für andere, vielleicht völlig COVID-unabhängige Patientinnen.

Dennoch möchte ich vor einer Diskussion warnen, die darauf abzielt, einzelne Menschen für die Infektion anderer Menschen direkt verantwortlich zu machen. Daran zerbrechen gerade Familien und Freundschaften.

Also, nie vergessen: niemand (keine Hygienemaßnahmen, keine Vernunft, und – das muss ich natürlich wissenschaftlich korrekt hier auch zugeben – leider auch keine Impfung zu 100%) kann einem garantieren, dass man nicht krank wird. Dennoch bringen alle Maßnahmen, allen voran natürlich die Impfungen, zusammen ganz ganz viel und müssen daher weiter durchgehalten werden.

(Trotzdem: Früher hat man ja auch nicht den Kontakt zur Omma oder Schwester abgebrochen, weil man sich bei ihr mit einem Schnupfen angesteckt hat. Corona ist freilich weit schlimmer, aber der Wirkmechanismus ist schon noch der gleiche. Das meine ich an dieser Stelle.)

„Eine allgemeine Impfpflicht wird es nicht geben!“

Vielleicht der größte Fehler in der Pandemie: man hat ganz einfach die Zahl der Impfgegner, Corona-Leugner, Wissenschafts-Skeptiker und sonstiger Schwurbler unterschätzt!

Man könnte jetzt Gesellschaftsstudien über die deutsche Bevölkerung in West und Ost anstellen und darüber spekulieren, woher das – wenn man sich die Impfquoten ansieht – möglicherweise spezifisch deutsche und vielleicht noch spezifischer ostdeutsche Problem kommt, alles „von oben“ in Frage zu stellen. Misstrauen dem Staat gegenüber könnte hier ja eventuell eine rückwirkende Gegenreaktion auf Überwachung, Unterdrückung usw. des ehemaligen DDR-Regimes sein. Im Westen könnte es ebenfalls eine Haltung sein, die wir im Zuge der Aufarbeitung der Taten des NS-Regimes gelernt haben – und diese Haltung, diese Vorsicht, diese Achtsamkeit, dass eine solche Kontrolle von oben, eine „Gleichschaltung“ nie wieder passieren darf, ist grundsätzlich absolut nicht falsch. Im Gegenteil! Generationen von Sozialkundelehrern haben sehr viel Herzblut hineingesteckt, dass dies nie vergessen werden darf, und werden mir sicherlich beipflichten.

Aber diese Gesellschaftsstudien möchte ich hier gar nicht führen. Ich beobachte nur seit Jahren, dass gerade aus, nun, ich sage mal, „wissenschaftsferneren“ Kreisen (und ja, auch wenn es ganz bestimmt niemandem gerecht wird und ich damit ganz viele über ein- und denselben Kamm schere, nenne ich da jetzt mal in einem Atemzug, einfach als lockere Aufzählung: Esoteriker, sogenannte „Querdenker“, Wissenschaftsskeptiker, Populistinnen, Impfgegnerinnen, Anthroposophen, Homöopathen, sprich, alle, die sich aus dem einen oder anderen – vereinzelt ganz bestimmt auch richtigem – Grund gegen die „alte“, evidenzbasierte, aus deren Sicht aber „böse“ Wissenschaft und Schulmedizin wenden) immer lauter werdende „Meinungen“ ertönen, die Impfungen ablehnen.

Teils mit Argumenten, bei denen leider nicht mehr viel hilft. Sprich – einen Teil dieser Menschen erreicht man auch mit sachlichem, liebevollem Erklären und Aufklären nicht mehr.

Stichwort Aufklären übrigens: meiner Ansicht nach war die Impfkampagne der offiziellen Stellen (Gesundheitsministerium, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Gesundheitsämter usw.) sehr, sehr dünn. Wo waren denn die flächendeckenden Plakate mit Promis, die fürs Impfen warben? Sicher, hier und da mal eins oder auch zwei hat man gesehen, aber das hätte einfach viel mehr sein müssen. Und gerade in die oben erwähnten „Bubbles“ hinein gerichtet sein müssen. Influencer influencen heutzutage doch für jedes noch so überflüssige Quatschprodukt – hätte man denn da nicht ein paar zur Zusammenarbeit bewegen können?

Aber zurück zu den Impfgegnern – und zwar genau den harten Fällen, bei denen auch eine Aufklärungskampagne nicht mehr geholfen hätte.

Die Tatsache, dass diese Impfgegner existieren, dass generell die Wissenschafts-Leugner und Schwurbler existieren, lässt sich nicht wegdiskutieren, vermutlich ist da auch niemand direkt schuld dran (naja, vielleicht generell das klassische deutsche oder westeuropäische „Bildungssystem“, das die Naturwissenschaften immer noch nicht als gleichwertige „humanistische Bildung“ zulässt wie die Kenntnis von Homer und Ovid; das System, in dem man sich beim Abendessen mit der befreundeten Familie oder auch der des Chefs eben gut und gerne trauen kann, zu sagen: „Also, wisst ihr was, meine Guten? Ich weiß bis heute nicht, wie so ein Elektromotor funktioniert, ha ha!“, sich aber niemand je die Blöße gäbe, ein „Also, wisst ihr was, ich hab noch nie was von Shakespeare gelesen und den Faust hab ich auch nie verstanden!“ in den Raum zu werfen, aber don’t get me started…!).

Dass aber in den letzten Wochen auch durch die Medien die Gruppe der Ungeimpften gegen die der Geimpften (und umgekehrt) regelrecht gegeneinander aufgebracht wird, lässt mich wirklich sehr schockiert zurück. Diese Spaltung der Gesellschaft ist ganz sicher eine falsche Entwicklung. Richtiger wäre gewesen, einfach seitens der Politik sehr schnell anzuerkennen, dass man mit dem Ausschließen einer generellen Impfpflicht schlicht einen Fehler gemacht hat, und diese nachträglich einzuführen.

Und die Sache mit der Meinungsfreiheit

Leider bringt man sich mit einer solchen Aussage schnell in die Not, erklären zu müssen, ob man denn dann nun Respekt vor der persönlichen Entscheidung, der persönlichen „Meinung“ der nicht Geimpften habe oder nicht. Und da will ich ganz deutlich werden: Ja, Respekt vor dieser Entscheidung jedes und jeder Einzelnen habe ich. Denn es ist grundfalsch, eine Maßnahme (wie die Impfung) einerseits nicht verpflichtend einzuführen, und andererseits unterschwellig Druck auf diejenigen, die sich dann dagegen entscheiden, auszuüben – in welcher Form auch immer. (Ein weiterer Grund, warum die Entscheidung der Politik, eine Impfpflicht abzulehnen bzw. auszuschließen, fatal war).

Aber – bevor es jetzt endgültig so klingt, als hätte ich „Verständnis“ für „Impfgegner“ bzw. deren Entscheidungen, will ich auf den springenden Punkt kommen: es geht hier einzig und allein um das „Mindset“, aus dem heraus eine solche Entscheidung getroffen wird. Die Beweggründe, die dann von der entsprechenden Klientel in vielen Fällen leider sehr laut und öffentlich verkündet werden. Sehr oft werden von den Querdenkern und Impfgegnern hier pseudowissenschaftliche „Erkenntnisse“ angeführt, die dann angeblich unter die Meinungsfreiheit fallen.

So kürzlich geschehen in Hessen, wo einem Lehrer, der behauptet hatte, bei der Corona-Pandemie handele es sich um eine Verschwörung, zu recht gekündigt wurde.

Und damit möchte ich den Kreis zum Thema der Spaltung der Gesellschaft schließen: Ja, ein Aufwiegeln der Gesellschaft gegeneinander ist grundfalsch und gefährlich, und prinzipiell sollte man alle Meinungen (die auch wirklich Meinungen sind) im Diskurs akzeptieren und niemanden aufgrund seiner Meinung abwerten. Leider immer wieder nötig, und deshalb wiederhole ich es auch noch einmal, ist aber hierbei der immens wichtige Hinweis, dass man wirklich nur Meinungen akzeptieren sollte, die auch tatsächlich Meinungen sind!

Bestimmte Aussagen, wie zum Beispiel „Ich bin der Meinung, Viren existieren nicht“ oder „Ich bin der Meinung, Bill Gates verimpft uns Mikrochips“ sind schlicht keine Meinungen, sondern nachprüfbar unwahr.

Oder vielleicht eine kurze Analogie zum Fall des Lehrers von oben: eine Lehrerin, die im Unterricht behauptete, die Summe aus 1 und 1 sei 5,23 oder Beethoven hätte von 1901 bis 2003 gelebt oder „Die Glocke“ sei von Shakespeare, nicht von Schiller, würde ja auch zu recht rausgeworfen, und zwar vermutlich ohne großen Aufschrei aus der entsprechenden Szene…

Seid nett zueinander!

Dennoch, um es zum Schluss nochmal klar zu sagen, bleibt nett und fair zueinander. Spaltung und Hetze bringen uns alle nicht weiter! Es gehört zu einem menschlichen Miteinander, dass auch Menschen, die diese „Nicht-Meinungen“ glauben, haben zu müssen, keine Erniedrigungen oder persönlichen Angriffe verdient haben, sondern vielmehr Aufklärung und Auseinandersetzung.

Informieren, Überzeugen, Zusammenführen statt Spalten. Das ist es, was unsere Gesellschaft jetzt braucht.

Und natürlich allem voran: Impfungen! Wenn’s nicht anders geht, eben mit einer Pflicht. Was muss, das muss!

Warum es hier jetzt auf einmal einfach weitergeht

Freitag, 19. November 2021

Lange (fast genau 4 Jahre!) war es still in meinem Blog. Lange schon hatte ich vor, das zu ändern. Lange hab ich überlegt, ob ich erstmal einen technischen und optischen Relaunch machen sollte. Lange hat das alles gedauert, weil ich für so Zeug eigentlich gar keine Zeit habe.

Aber lange hielt sich auch mein Drang zur Mitteilung in Grenzen. Vieles bewegte mich zwar, aber nichts davon erschien mir tatsächlich lohnenswert für einen neuen Blogbeitrag. Selbst zum zwischenzeitlich allgegenwärtigen Thema Coronakrise und deren Bewältigung hätte ich zwar so, so vieles zu sagen gehabt, aber das meiste haben andere schon – und viel besser – gesagt.

Nun, das hat sich in den letzten vier Wochen endlich geändert. Mittlerweile gibt es Themen, die mir – getreu dem Motto „Steter Tropfen höhlt den Stein“ – tatsächlich nach so langer wiederholter Konfrontation mit ihnen einfach an die Substanz gehen, auch wenn es lange, lange Zeit nicht so war. Auch meine Resilienz ist nicht unendlich. Einiges brennt unter den Nägeln. Und so will ich hier weitermachen.

Und die Seite bleibt ganz bewusst so, wie sie ist. Sie ist ein Archiv aus meiner Vergangenheit, sie sieht aus wie aus den frühen 2000ern, weil sie es ist. Viele Texte und Beiträge von damals sind heute höchstens noch zum Schmunzeln, aber peinlich sind sie mir nicht. An dieser Stelle mal ein ganz ausdrückliches und ehrliches Danke für eure Treue, wenn ihr dies lest. Auch, dass in der Zwischenzeit tatsächlich der einmillionste Besucher hier vorbeigeschaut hat, macht mich dankbar. Danke euch!

Vielleicht werde ich, wenn Zeit ist, hier und da etwas modernisieren, technisch und optisch, vielleicht werde diese Seite auch über kurz oder lang auf eine andere technische Infrastruktur umziehen. Aber ich werde nichts einfach so löschen, keine alten Texte an neue Gepflogenheiten anpassen (Stichwort Gendern – da weiß ich im übrigen auch noch nicht ganz, wie ich das für zukünftige Beiträge am schönsten löse. Schreibt es gern in die Kommentare, wenn ihr euch da was wünscht! Ich tendiere einfach zu abwechselnd gemischten Formen); auch Dinge, die im Nachhinein irrelevant erscheinen, wie z.B. der letzte Blogeintrag oder die Links zum dort erwähnten Add-On (das von addons.mozilla.org bereits, wie alle XPI-Addons, in die ewigen Jagdgründe geschickt wurde) werde ich nicht ohne Not löschen.

Wär alles viel zu aufwendig, würde alles vom eigentlichen Ziel ablenken.

Nein – hier geht’s jetzt einfach weiter!

Vielleicht sehr bald schon!

Es grüßt
Euer Fabian von fabianswebworld

Warum FLST unter Firefox 57 nicht mehr funktioniert, und warum ich daran nichts ändern kann

Dienstag, 28. November 2017

FWW-FLST Logo-Grafik

Vor einigen Tagen wurde Firefox 57 veröffentlicht (auch unter dem Namen „Firefox Quantum“ bekannt), und wer keine Add-Ons installiert hat, wird vor allem eines gemerkt haben: Der Browser ist merklich schneller geworden und auch das Font-Rendering auf Webseiten ist nun schöner.

Alles in allem also ein toller Fortschritt – oder?

Nun ja – Langjährige Firefox-User, die seit über 12 Jahren Funktionalitäten zu schätzen gelernt haben, die nur mit Add-Ons realisierbar waren (zum Beispiel das von FLST implementierte Tab-Flipping per Klick auf den aktuellen Tab… ;-), aber auch: Tab-Scrolling durch alle offenen Tabs durch Drehen des Mausrades auf der Tableiste; bunte Tabs usw.) werden das anders sehen. All ihre geliebten Add-Ons funktionieren auf einen Schlag nicht mehr. So auch mein Add-On „FLST (Focus Last Selected Tab)“ mit seiner wohl tatsächlich von einer Vielzahl von Usern jetzt schmerzlich vermissen Tab-Flipping-Funktion.

Warum? Weil Mozilla die XPCOM/XUL-API, die die Grundlage für alle Add-Ons war, einfach „abgeklemmt“ hat. Das Killer-Feature von Firefox, nämlich die Erweiterbarkeit durch Add-Ons (und zwar nicht nur „optische Erweiterbarkeit“ wie bei Skins/Themes oder Erweiterbarkeit um bestimmte Website-spezifische Aktionen wie bei Chrome-Extensions), welches für viele eingefleischte Firefox-Fans das Hauptargument war, bei diesem Browser zu bleiben (denn langsamer als Chrome war er schon immer…), ist damit einfach weg. Einfach so.

Begründung von Mozilla: Die XUL-API habe Firefox verlangsamt und sei unsicher gewesen, da Add-Ons im Prinzip die komplette Kontrolle über den Browser (nämlich: über seine Oberfläche, seine Funktionalitäten, sein Aussehen, sein Verhalten) hatten.

Stimmt soweit – aber genau das war ja der Punkt, der die Add-Ons und damit die gesamte Firefox-„Biosphäre“ so interessant gemacht hat!

Absurd ist das deshalb, weil mit der Einführung von Add-On-Signaturen das Problem der Sicherheit von XUL-Add-Ons eigentlich schon gelöst oder zumindest gelindert wurde, und weil die neuen WebExtensions „nur noch“ so Sachen machen dürfen, wie… JavaScript in Seiten injizieren. Ja, richtig gelesen. Mein FLST darf nicht mehr den Klick auf die Tab-Leiste abfragen, aber JavaScript in jede beliebige Seite injizieren (nachdem ich bei der Installation einmal um Erlaubnis gefragt habe) dürfte es! Da schüttelt man doch den Kopf.

Und jetzt? Die erwähnten WebExtensions sind der neue Weg, Erweiterungen für Mozilla zu schreiben. Vorteil soll sein, dass diese (fast) unverändert kompatibel zu Chrome sind (oder gemacht werden können) und weniger tief in den Browser eingreifen. Damit soll der Browser insgesamt wartbarer werden, schneller, sicherer.

Und das stimmt sogar. Ja, alles wirklich valide Argumente aus Sicht der Entwickler! Vielleicht lassen sich damit neue User gewinnen, und klar: der neue Firefox ist schnell und sieht gut aus! Aber meiner Meinung nach hat sich Mozilla hier den Ärger all derer selbst eingehandelt, die über Jahre hinweg die größten Verfechter waren und selbst gegenüber anderen, die immer meinten, Firefox sei langsam(er), argumentierten, das habe gute Gründe und dafür sei er von den Features her auch viel mächtiger.

Jetzt ist er es jedenfalls nicht mehr.

Schade!

Wie geht es nun mit den „Legacy-Add-Ons“ weiter? Einige simple Funktionen lassen sich sicher in WebExtensions abbilden, aber gerade die Add-Ons, die die vermeintlich einfachsten Features (wie FLST) implementiert haben, lassen sich auf der neuen API einfach nicht mehr implementieren. Weil, „geht halt nicht“! Punkt!

Ganz konkret scheitert es im Falle von FLST am Fehlen eines bestimmten Event-Listeners (nämlich dem für Klicks auf der Tableiste bzw. auf Tabs). Und ich scheine mit meinem Add-On nicht der Einzige zu sein, der sich diesen (oder auch Events für Rechtsklicks/Linksklicks/Mausradklicks/Mausrad-Bewegung auf der Tableiste) wieder herbeiwünscht – ein Blick in den Mozilla-Bugtracker unter der ID 1246706 zeigt hitzige Diskussionen (Tipp: auch die als „unangemessen“ gemeldeten Beiträge mal einblenden…) ;-)

Was soll ich sagen: der Bug ist im Status „RESOLVED – WONTFIX“. Was soviel heißt wie: „Gibbet nich. Wird nicht mehr implementiert. Basta.“

Also – allen, die sich in den vergangenen Tagen darüber geärgert haben, dass mein Add-On nicht mehr funktioniert, oder mich angeschrieben und darum gebeten haben, dass ich das Add-On für Firefox 57 aktualisiere, sei gesagt: Ich würde ja gerne – aber es gibt einfach technisch keine Möglichkeit! Bedankt euch bei Mozilla! ;-P

Tipp: wer FLST weiter nutzen möchte, kann noch bis Mitte nächsten Jahres auf die (in erster Linie für Unternehmen mit „konservativerer“ Update-Politik gedachte) sogenannte ESR-Version von Firefox zurückgreifen. Dort werden bis voraussichtlich Juni 2018 noch XUL-Add-Ons unterstützt. Danach ist, wie es aussieht, auch hier Schluss.

Sollte sich an Mozillas Haltung etwas ändern bzw. bestimmte APIs wieder eingeführt werden, werde ich gerne nochmal einen Anlauf unternehmen. Für jetzt ist das Projekt „FLST als WebExtension für Firefox 57+“ allerdings erstmal begraben.

Euer Fabian